Slawonski Brod
Slawonski Brod beherrscht den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die gut 60 000 Einwohner zählende Stadt in der kroatischen Region Slawonien bewahrt nach Kräften ihr reichhaltiges kulturelles Erbe, ist aber gleichzeitig darauf bedacht, sich weiter als modernes, für Bürger wie Besucher attraktives Mittelzentrum zu positionieren. Die Entwicklung gerade auch im wirtschaftlichen Bereich wird durch die günstige geographische und verkehrstechnische Lage im Nordosten des Landes begünstigt. Bürgermeister Dr. Mirko Duspara strahlt Zuversicht aus: Slawonski Brod sei eine schöne und zukunftsträchtige Stadt, sagt er stolz.
Der Blick zurück besagt, dass es sich bei Slawonski Brod („Slawonische Furt“) um eine Stadt mit sehr langer Geschichte handelt. Die Wurzeln reichen nachweisbar bis in die Römerzeit zurück. Ein erst 1997 entdecktes Schriftstück aus dem Jahr 71 n. Chr. belegt, dass damals bereits eine Ansiedlung unter dem antiken Namen Marsonia bestand. Die heutige Bezeichnung ist aber auch nicht neu. Sie fand erstmals anno 1244 Erwähnung, und zwar in einer von König Bela IV. höchstpersönlich unterzeichneten Urkunde.
Lage von strategischer Bedeutung
Dieser Bela muss, nebenbei bemerkt, ein vielbeschäftigter Monarch gewesen sein. Von 1235 bis zu seinem Tode 1270 war der Mann aus dem Geschlecht der Arpaden nicht nur König von Ungarn, sondern auch von Kroatien. Und als hätte er damit nicht schon genug zu tun gehabt, spannte man ihn auch noch vier Jahre als Herzog der Steiermark ein. Jedenfalls machen auch Belas Würden und Bürden deutlich, dass es in diesem Bereich Europas viele Verknüpfungen und Grenzverschiebungen gab.
An der Kreuzung wichtiger Verkehrswege gelegen, sei Brod von jeher eine besondere strategische Bedeutung zugekommen, heißt es im historischen Abriss auf der Homepage des Tourismusverbandes. Was im Mittelalter begann, setzte sich bis in die Blütezeit des österreichischen Kaiserreiches und des osmanischen Reiches fort. Da die Habsburger und Türken sich jedoch spinnefeind waren, kam es immer wieder zu erbitterten Grenzstreitigkeiten und letztlich auch militärischen Auseinandersetzungen.
Frühe Investitionen in die Infrastruktur
Die Österreichischer, mit ihrem berühmten Feldherren Prinz Eugen von Savoyen an der Spitze, reagierten 1715 rigoros und begannen mit der Errichtung einer riesigen Grenzfestung an der Save. Hunderte Bauern wurden für den Bau der massiven, von Wassergräben umgebenen Verteidigungsanlage zwangsrekrutiert. Die Festung Brod gilt als einzigartiges Kulturdenkmal und herausragende Sehenswürdigkeit der Stadt (mehr dazu unter dem Stichwort).
Im Jahre 1871 wurde die Militärgrenze aufgehoben. Fast zeitgleich erhielt Brod den Status einer Stadt. Entwicklungs- und Wachstumsbestrebungen führten in der Folgezeit unter anderem zu ersten Industrieansiedlungen. 1874 wurde die erste Schule eröffnet, 1880 die Brücke über die Save gebaut, die weitblickend auch gleich für den Eisenbahnverkehr ausgelegt wurde. Die Investitionen in die Infrastruktur machten sich bezahlt. Besonders um die Jahrhundertwende ließen sich vermehrt Firmen nieder oder wurden direkt in der Stadt gegründet. Den wachsenden Wohlstand dokumentierten auch prächtige Bürgerhäuser; häufig nach Art des Historismus, der in der Architektur alte Stilrichtungen aufgriff, etwa Gotik oder Barock.
Verheerende Kriegsauswirkungen
Die lange und wechselvolle Geschichte der Stadt kontinuierlich darzustellen, würde den gegebenen Rahmen sprengen. Nicht ausgespart werden soll aber die jüngste, leidvolle Vergangenheit Anfang bis Mitte der 1990-er Jahre. Der Kroatien-Krieg bzw. der Bosnien-Kriege infolge des einsetzenden Zerfalls Jugoslawiens sowie der Unabhängigkeitsbestrebungen der Teilrepubliken hatten verheerende Auswirkungen.
Während des Krieges in Kroatien starben im oft angegriffenen und teilweise schwer zerstörten Brod über 180 Menschen, fast 600 Zivilisten erlitten Verletzungen. Kämpfe in der Umgebung kosteten 500 Soldaten das Leben. Während des Bosnien-Krieges nahm die grenznahe, selbst lädierte Stadt Brod zahlreiche Flüchtlinge aus Konfliktregionen auf. Die Brücke über die Save wurde gesprengt und erst im Milleniumsjahr durch eine neue ersetzt. In der Zeit dazwischen war eine behelfsmäßige Pontonbrücke benutzt worden.
Zweitgrößte Stadt in Slawonien
Seit 1934 heißt die am Nordufer des Donau-Nebenflusses Save liegende Stadt nicht mehr nur Brod, sondern Slawonski Brod. Der „Vorname“ verweist auf die Lage in Slawonien, der als Kornkammer geltenden historischen Region im Osten Kroatiens. Gegenüber, am Südufer der Save, befindet sich das zu Bosnien und Herzegowina gehörende, wesentlich kleinere Brod, gelegentlich auch Brosanski Brod genannt. (Etliche Orte oder Ortsteile namens Brod, mit oder ohne Zusatz, gibt es Tschechien und der Slowakei).
Slawonski Brod ist nach Osijek an der Drau die zweitgrößte Stadt Slawoniens und außerdem Sitz der sogenannten Gespanschaft Brod-Posavina. Bei den 21 Gespanschaften, einschließlich der kroatischen Hauptstadt Zagreb, handelt es sich um die regionalen Selbstverwaltungseinheiten. Brod-Posavina umfasst die Städte Slawonski Brod und Nova Gradiska sowie 26 Gemeinden. Die Gesamteinwohnerzahl beträgt knapp 160 000.
Hervorragende Verkehrsanbindung
In 17 Stadtteile wiederum gliedert sich Slawonski Brod. Diese verteilen sich auf eine Fläche von 54,45 Quadratkilometern. Es kommt der Stadt wesentlich zugute, dass sie auf dreifache Weise eine hervorragende Verkehrsanbindung an. In wirtschaftlicher Hinsicht sind vor allem die Autobahn E 70 (Zagreb – Lipovac – Belgrad) und die Eisenbahnlinie von Bedeutung, die ebenfalls von der kroatischen bis zur serbischen Hauptstadt führt. Der Stellenwert der Save ist durch den Bau des Kanals Vulkovar – Samac noch gestiegen.
Die Autobahn verbinde die Länder Europas mit dem Nahen Osten und auch ferneren Ländern, betont der Tourismusverband. Abfahrten befinden sich im Westen und Osten der Stadt, wobei die westliche sowohl ins Zentrum als auch, über eine Umgehungsstraße, zum Grenzübergang nach Bosnien und Herzegowina führt. Durch Slawonski Brod verlaufen wichtige Erdöl- und Erdgasleitungen. Der nächstgelegene „große“ Airport ist der in Zagreb. Die Stadt verfügt aber immerhin über einen Flugplatz, der für Sportflugzeuge geeignet ist.
Elegant gestaltete Fußgängerzone
Der Ausbau der internen Infrastruktur ist in der viel frequentierten Grenzstadt kontinuierlich vorangetrieben worden. Das Straßennetz wurde erweitert und verbessert und summiert sich auf eine Gesamtlänge von über 200 Kilometern. Die Fahrzeuge der vier Buslinien sind fast rund um die Uhr im 30-Minuten-Takt unterwegs und bedienen auch Haltestellen in den Vororten. Im Stadtbild fällt vor allem die breite, ebenso „gemütliche“ wie elegante Fußgängerzone mit ihren schmalen Abzweigungen auf. An beiden Seiten reihen sich sorgsam restaurierte, durchweg hell gestrichene alte Häuser aneinander, in denen zahlreiche Geschäfte und gastronomische Betriebe untergebracht sind. Die nach historischem Vorbild gestalteten Straßenlaternen sind auch bei Tageslicht dekorativ.
Sportanlagen, Spielplätze und Strandbäder
Neben zahlreichen öffentlichen Plätzen gibt es in Slawonski Brod eine Reihe sehr gepflegter Parks, wobei der im Zentrum die größte „grüne Lunge“ bildet. Zum Bummeln in naturnahem Bereich lädt auch der schmucke Save-Uferweg ein. Entlang der Wasserader gibt es zudem einige gut ausgestattete Strandbäder. Spielplätze und Sportanlagen verteilen sich über die Stadt. Die Fußballfans zieht es ins 8000 Plätze bietende Stadion Kraj Save.
Der Tradition verpflichtet, Neuem stets aufgeschlossen – auf diesen Nenner lassen sich die diversen Maßnahmen zur Stadtentwicklung bringen. Dabei haben die Verantwortlichen auch auswärtige Besucher im Blick. Zwar ist Slawonski Brod kein klassisches Urlaubsziel wie etwa die beliebten, nicht selten überlaufenen Ferienorte an der Adria. Doch ist man darauf gebracht, Touristen und Tagesgästen mehr als nur Unterkunft und Verpflegung zu bieten. Apropos: In der Stadt und der näheren Umgebung werden in zum Teil sehr ansprechenden Hotels, Pensionen und Apartmentanlagen mehr als 400 Betten für Besucher bereitgehalten.
Gedenken an berühmte Kinderbuchautorin
Speziell für Touristen ist das Programm „Living history“ konzipiert worden. Lebendige Geschichte wird vornehmlich an den beiden Orten zelebriert, auf die die Stadt besonders stolz ist: auf die bereits erwähnte Festung Brod und auf den Hauptplatz (Korso) in der Innenstadt. Hier ist es speziell das Haus, in dem die berühmte Schriftstellerin Ivana Brlic-Mazuranic (1874 – 1938) nach ihrer Heirat mit dem Politiker und Juristen Vatroslav Brlic einige Zeit gelebt hat. Das im neoklassizistischen Stil erbaute Haus dient als Museum.
Zum Gedenken an die Autorin, die sich durch bezaubernde Kindergeschichten und Märchen auch außerhalb Kroatiens einen Namen gemacht hat, findet seit 1970 alljährlich – von den Kriegsjahren abgesehen – ein großes Kinder- und Straßenfest statt. Zum Programm gehören Theateraufführungen, Ausstellungen, Lesungen, Workshops, Malwettbewerbe und manches mehr. Schauspieler schlüpfen in die Rolle von Märchenfiguren.
Die Autorin Ivana Brlic-Mazuranic, die aus einer angesehenen Schriftstellerfamilie stammte und auch in eine solche hineinheiratete, hat zahlreiche Romane, Erzählungen, Gedichte und Märchen für Kinder verfasst, die auch bei Erwachsenen gut ankamen. Ihre Werke brachten ihr nicht nur die Bezeichnung „kroatischer Andersen“ ein, sie wurde auch gleichmal, 1931 und 1938, für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen. Diese Ehre ist vor und nach ihr keinem kroatischen Schriftsteller widerfahren. Zu ihren bekanntesten Kinderbüchern gehört „Die wunderbaren Erlebnisse des Schusterjungen Gottschalk“. Auch eine Schule ist nach ihr benannt.
Kulturdenkmal Grenzfestung Brod
Reiter, Soldaten, Bauern und Handwerker bevölkern die Festung Brod, wenn auf dem weitläufigen Gelände „Living history“ praktiziert wird. Die ab 1715 von den Österreichern errichtete kaiserliche und königliche Grenzfestung an der Save ist ein sternförmig angelegtes Monumentalbauwerk mit drei Verteidigungsebenen und vielen Teilkomplexen, die unterschiedliche Funktionen erfüllten. Sie dienten beispielsweise als Werkstätten, Waffenkammern, Soldatenunterkünfte, Küchen, Vorratsräume. Offizierskasino und mehr. Als Baumaterial wurden vorwiegend Ziegelsteine verwendet.
Ihre ursprüngliche Bedeutung büßte die Festung Brod bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ein, bald wurde sie aufgegeben. Von 1945 bis 1991 waren Soldaten der jugoslawischen Armee in Festung untergebracht. Seit 1994 befindet sich die Anlage im Besitz der Stadt Slawonski Brod, wird nach und nach wieder aufgebaut und dient in erster Linie als Kulturzentrum. In einer ehemaligen Kaserne befindet sich das Klassische Gymnasium. Ein besonderer Anziehungspunkt ist die Galerie Ruzic, in der neben Arbeiten anderer kroatischer Künstler zahlreiche Werke des in der Stadt geborenen Malers und Bildhauers Branko Ruzic gezeigt werden. Für informative Besichtigungen der Festung gibt es auf Anfrage einen elektronischen Führer.
Kloster und Kirche der Franziskaner
Festungsähnlichen Charakter hat auch das Ende des 17. Jahrhunderts erbaute Franziskanerkloster. Es beherbergt neben einer weit und breit einzigartigen Sonnenuhr eine Fülle sakraler und weltlicher Kulturschätze. Der Grundstein für die angegliederte barocke Kirche, die als älteste in Slawonien gilt, wurde im Jahre 1723 gelegt. Die Franziskaner wirken im Gebiet von Brod vermutlich schon seit dem 13. Jahrhundert. Heute konzentriert sich die Tätigkeit auf diverse Ausbildungs- und Kulturbereiche.
Unter dem Titel „Brodsko kolo“ wird jedes Jahr im Juni das älteste kroatische Folklorefest gefeiert. Auf dem Programm stehen unter anderem Ausstellungen, Festspiele, Vorführungen von Volkstanzgruppen und eine Gespannparade. Außerdem wird ein „Supermodel“ gekürt: die schönste Kroatin in Volkstracht. Zu den kulturellen Highlights gehört auch der Musiksommer mit Konzerten in der Franziskanerkirche und im Schauspielhaus.
Abwechslungsreiches Ausstellungsprogramm
Bei der „Fisijada“ geht es im Juli nicht um musikalische Genüsse, sondern Gaumenfreuden. Ehe diese aber bei kleinen und großen Gourmets entfacht werden können, haben in der Stadtmitte, entlang der Save, die Meister des Fischkochens, meistens um die 100, ihren großen Auftritt. Sie kommen aus dem ganzen Land, um sich bei diesem publikumswirksamen Spektakel im Wettstreit zu messen.
Im September ist eine Veranstaltung der traditionellen Seidenweberei gewidmet, und im Oktober hat der Sport das Wort. Beim internationalen Karateturnier wird auch der neun Mitglieder des lokalen Karateklubs gedacht, die im Kroatien-Krieg ums Leben gekommen sind. Im Finale der „Slavonia open“ kämpfen die Spitzentänzer im akrobatischen Rock`n Roll um den Kroatien-Cup. Auto-Fans und Freunde des Motorsports kommen schon im Mai auf ihre Kosten. Bei der Stadt-Rallye sind schicke und schnelle Schlitten am Start, während die Autohäuser ihre neuen Modelle präsentieren. Pädagogisch wertvoll, erhalten gerade junge Besucher aber auch Lektionen in Verkehrserziehung.
Handwerksmesse mit langer Tradition
Jedes Jahr Ende November steht die Stadt im Zeichen von „Katarinski Sajam“. Die traditionsreiche, schon 1769 erstmals abgehaltene Katarinen-Messe ist die große Plattform für Handwerk und Handel. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf hochwertiger Ware aus regionaler Produktion. Seit 1996 ist die Messe fester Bestandteil des Terminkalenders. Der Förderung des Handwerks und kleiner Unternehmen soll auch die regelmäßige Messe im Frühsommer dienen. Dabei wird auch Nutzvieh zur Schau gestellt und zum Verkauf angeboten.
Die kroatische Küche genießt einen hervorragenden Ruf. In den vielen Restaurants finden Feinschmecker eine große Auswahl an landestypischen Speisen und Getränken vor. Beim Blick in die Weinkarten lassen sich gelegentlich auch wohlschmeckende „Tröpfchen“ aus der Region entdecken. Weinanbau wird traditionell im Gebiet der Berghänge des Dilj betrieben. Diese landschaftlich reizvolle Gegend ist übrigens auch bei Wanderern sehr beliebt. Wer auf Schusters Rappen unterwegs ist, findet am Wegesrand auch Möglichkeiten für eine kürzere oder längere Einkehr. Empfohlen wird besonders eine Rast in der gastfreundlichen Berghütte Duro Pilar.
Attraktive Ausflugsziele in der Umgebung
Slawonische Spezialitäten werden auch im „Lausbubenhaus“ angeboten, das zum „Ethno-Dorf“ an der Straße zwischen Nasice und Slawonski Brod gehört. Es wird mit großer Hingabe von der Familie Crljen betrieben und enthält unter anderem eine aufwendig gestaltete Dokumentation der slawonischen Landwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert – back to the roots. Für Kinder und Familien werden Veranstaltungen mit verschiedenen Schwerpunkten angeboten. Ein beliebtes Ausflugsziel ist auch der künstlich angelegte Petnja-See in den Bergen des Dilj. Das waldreiche Naturschutzgebiet ist ideal für Wanderungen und Wassersport.
Einen Besuch wert sind auch Slawonski Kobas mit der Mariä-Himmelfahrtskirche und charakteristischen alten Häusern, auf denen im Frühjahr Störche nisten, und der Zoo in Ruscica. Neben vielen Vogelarten sind auf der idyllischen Anlage auch Bären, Affen und Tiger zu sehen. Auf dem Landgut „Mata“ in Trnjanski Kuta dreht sich fast alles um Pferde. Hier haben Besucher auch die Möglichkeiten, einen zünftigen Ausritt oder eine Kutschfahrt zu unternehmen. Dies gilt auch für das Gestüt „Olanovic“ in Poljanci, wo vor allem Pferde der weltberühmten Rasse der weißen Lipizzaner gehalten werden.